Interview von Mag.(FH) Michaela Lechner mit Pharmazeutin Mag. pharm. Ines Demel
Dass Apotheken ärztliche Rezepturen zubereiten, ist allgemein bekannt. Weniger bekannt ist, dass das Fachpersonal von Apotheken auf Kundenwunsch individuelle, das heißt auf den Körper abgestimmte Arzneiformen, zubereitet.
Ob Salben, Cremen oder Gele, schmerzreduzierende Lösungen für den Mundbereich und Kapseln aus dem Bereich der Nahrungsergänzungsmittel zur inneren Einnahme, pflegende Augentropfen sowie Spezialmischungen für die Kleinsten und für Schwangere: in Apotheken können all diese individuellen Rezepturen auf Anfrage hergestellt werden.
Mag. Pharm. Ines Demel OG leitet seit 2019 die Gründberg Apotheke in Steyr. Neben dem Angebot von Messungen verschiedener Normwerte, der Antlitzanalyse nach Dr. Schüssler, Bachblütenmischungen, einem Sortiment an Hausspezialitäten und Haustees bietet Mag. Demel mit ihrem Team die Herstellung individueller Erzeugnisse an. Ich habe mich mit der studierten Pharmazeutin zur Kunst der Zubereitung individueller Rezepturen unterhalten.*
Ines, seit wie vielen Jahren bist du in einer Apotheke beruflich tätig? Mit 2005, also vor 18 Jahren, habe ich begonnen, in einer Apotheke zu arbeiten. Davor habe ich Pharmazie an der Karl-Franzens-Universität in Graz studiert. Nach meinem Abschluss bin ich nach Oberösterreich gekommen und habe als Aspirantin gearbeitet. Im Jahr 2007 habe ich meine Abschlussprüfung zur Apothekerin gemacht.
Im Rahmen der Apothekenvorschriften wird zwischen magistralen, offizinalen und „individuellen“ Rezepturen unterschieden. Kannst du dies bitte genauer erläutern? Gerne. Die Bezeichnung Magistral bedeutet, dass eine Rezeptur auf ärztliche Anweisung, also von einem Hausarzt, Zahnarzt, Tierarzt, etc. zubereitet wird.
Ein offizinales Rezept bedeutet ein Rezept gemäß einem Arzneibuch herzustellen. In Österreich arbeiten wir mit dem Österreichischen Arzneibuch (ÖAB) und dem Europäischen Arzneibuch (EAB). Es ist dies ein wesentlicher Leitfaden für uns Apotheker und enthält sehr viele Fachinformationen. Ein Kapitel des Arzneibuches beschreibt die verschiedenen Herstellverfahren mit den dazugehörigen Gerätschaften. In einem anderen Kapitel werden die Prüfvorschriften festgehalten. Darüber hinaus findet sich im Arzneibuch ein Kapitel mit den Pflanzenmonographien, mit genauen Beschreibungen der zu verwendeten Arzneipflanzen.
Die „individuelle“ Rezeptur betrifft rezeptfreie Bedarfe aber auch spezielle Empfehlungen beispielsweise von einem Masseur, einem Heilpraktiker oder von einer Hebamme. Wenn ein Kunde beispielsweise ein Massageöl – nehmen wir als Beispiele ein Geburtsvorbereitungsöl oder ein Dammmassageöl - möchte, können wir ihm diesen Wunsch erfüllen.
Weshalb macht es Sinn, individuelle Rezepturen wie Salben oder Cremes zuzubereiten? Ein wesentlicher Punkt ist, dass mit diesen abgestimmten Rezepten mögliche Allergien und Unverträglichkeiten ausgeschlossen werden können. Weiters kann durch individuelles Zubereiten eine gewünschte Textur erzielt werden: wie fühlt sich die Konsistenz an, soll sie eher flüssig oder fest sein? Eine Hautpflege kann im Winter eher fetter angemischt werden, im Sommer wässriger. Hier können wir die Artikel den jeweiligen Witterungsbedingungen anpassen. Auch der Geruch entscheidet beim Einsatz der Artikel mit, wir können durch eine individuelle Zubereitung ebendiese Bedürfnisse berücksichtigen.
Wo bereitest du mit deinem Team die Rezepte zu? In unserem Labor stellen wir unsere Rezepturen, so etwa Einzelmischungen wie Salben von Hautärzten oder Allgemeinmedizinern oder etwa Augentropfen zu.
Wie lange braucht ihr für eine Herstellung? Da gibt es keine einheitliche Vorgabe. Je nach Rezeptur sind die Zubereitungszeiten verschieden. Am schnellsten geht das Mischen von Flüssigkeiten, andere Rezepturen erfordern Temperaturveränderungen, also das Schmelzen oder Erkalten, wo mehr Zeit eingerechnet werden muss. Dann gibt es Zubereitungsformen, wo etwas gemahlen, gesiebt oder zerkleinert wird. Gelzubereitungen benötigen zudem Zeit zum Quellen. Kurzum: Jede Zubereitung hat seine eigene Herstelldauer.
Was braucht es aus Apothekensicht, um individuelle Rezepte herstellen zu können? Wir gehen mit dem Kunden zuerst in ein persönliches Gespräch, was sein Anliegen ist, womit er seine Gesundheit zusätzlich verbessern möchte. Am wichtigsten ist, dass der Kunde eine feste Absicht hat, was er für sich braucht: welches Körperteil soll umsorgt werden (Augen, Mund und Rachen, Babypopo), was soll sich verändern, welcher Geruch wird als angenehm wahrgenommen, welches Hautbild hat die betroffene Person, und vieles mehr.
Jede selbstgemachte Rezeptur wird in sich stimmig zubereitet. Dazu braucht es die pharmazeutische Fachexpertise von uns.
Es gibt ja bei euch auch noch hauseigene Produkte…Ja, neben den individuellen Rezepturen stellen wir Produkte nach altbewährten Rezepturen des Österreichischen Arzneibuchs her, dazu gehören auch die Ringelblumensalbe oder der Spitzwegerichsirup. Überhaupt sind wir sehr darum bemüht, die persönlichen Kundenbedarfe zu erfüllen.
Mein Team und ich, wir bilden uns regelmäßig weiter und besitzen ein sehr tiefgreifendes fachkundiges Wissen, von dem gerne Gebrauch gemacht werden kann. Ich möchte interessierte Apothekenbesucher dazu ermuntern, uns einfach um weitere und ergänzende Tipps anzusprechen. Wir sind sehr offen und beraten gerne.
Ich danke dir für dieses Gespräch, liebe Ines.
Fragen zu diesem Artikel oder Interesse an praktischen Erfahrungen und selbstgemachten Rezepturen bei Michaela Lechner gerne
via E-Mail an
Die Interviewpartnerin Ines Demel triffst du persönlich in der Gründberg-Apotheke in Steyr. Es gibt auch einen interessanten Blog-Beitrag von ihr: Frei von der Leber weg.
*Disclaimer: Die hier dargestellten Inhalte dienen der Information und stellen keine Empfehlung oder Bewerbung der beschriebenen oder erwähnten Arzneimittel dar. Für den medizinischen Rat und bei Verdacht auf Erkrankungen wende dich an einen Arzt oder Psychotherapeuten.